Mensch, nimm doch mal das Tempo raus….

Jahresendlicht
Jahresendlicht

…… neee – nicht aus der Hosentasche …….
im Ernst – Geschwindigkeit als Selbstzweck ist nicht (mehr) mein Ding.
Ok – in der Achterbahn finde ich das schon recht prickelnd, und ehrlich gesagt möchte ich im nächsten Urlaub nicht bis Lissabon mit dem Fahrrad fahren, sondern doch lieber fliegen.
Aber dieses Gefühl von Dauer-Tempo, von stundenlangem Multitasking (damit mehr reinpasst in einen Tag), von „schnell noch mal…“ einkaufen oder anrufen oder eine Mail schreiben oder was essen ….. – das ist nicht mehr meine Welt.
Ständig der Versuch, eine Arbeit möglichst schnell fertig zu stellen, um …… ja – warum eigentlich? Um Zeit zu gewinnen – für …. meistens für den nächsten Arbeitsauftrag oder die nächste „passt-doch-noch-rein-Anfrage“.

Aber – das hat sich wirklich NIE wie ein Gewinn angefühlt. Zeit kann man nicht „gewinnen“ – sie ist einfach eine gedachte Rechen-Größe – eine Einheit, die Menschen festgelegt haben – die aber nicht beeinflussbar ist.
Wir können jede einzelne Minute nur genau ein einziges Mal leben und erleben.

Ich habe das heute wieder sehr deutlich wahrgenommen. Dieser Sylvestertag hat, wie alle anderen Tage, 24 Stunden – unsere gleichmäßige Rechengröße. Aber in diesen einen besonderen Tag versuchen wir besonders viel hinein zu packen, mit SMS oder Whats-app-Nachrichten, auf facebook, per Fon oder auch live mit Freunden – und wir alle schreiben und sprechen davon, dass wir ein möglichst gutes und gelungenes Neues Jahr starten und erleben wollen.

Und was empfinden wir als „gut und gelungen und wertvoll“?
Vermutlich nicht die Erfahrung, doppelt so viel Arbeit in der Hälfte der Zeit erledigt zu haben.
Meine wertvollste Zeit ist die, in der ich jede Minute ganz „da“ bin, jede Minute wahrnehme.
Wo die Zeit nicht an mir vorbeirennt, sondern fast stehen bleibt …… oder zumindest mal völlig unwichtig wird.
Wo rein objektiv Zeit „vergeht“ – aber ich dennoch auf einmal den Eindruck habe, dass „mehr Zeit“ übrig ist.
Verrückt? Widersprüchlich? eigentlich schon……

Beispiel gewünscht?
ich wollte heute gerne spazieren gehen – fand aber niemanden, der Zeit und Lust zum Mitgehen hatte.
Da beschloss ich, meinen Bewegungsdrang im Supermarkt beim Einkaufen auszuleben.
Mittags um 12 Uhr – an Sylvester …… In der Theorie ziemlicher Blödsinn …. in der Praxis eine ganz entspannte Sache.
Hörbuch auf die Ohren – schauen, was es noch gibt – aus dem Restangebot wählen – verwundert feststellen, dass um 13 Uhr geschlossen wird – entspannt an der Kasse als vorletzter Kunde warten – mit leckeren Trophäen nachhause fahren.

Ostfrieslands Wintergräser
Ostfrieslands Wintergräser

Um halb vier lockte die Sonne draußen – immer noch Bewegungsdrang – na gut, dann doch ein Spaziergang.
Und dann war da wirklich ein so zauberhaftes Licht – das letzte Licht dieses Jahres – beginnender Sonnenuntergang über den ostfriesischen Wiesen – Wintergräser im Gegenlicht – Spaß am Einfangen dieser Bilder mit dem Smartfone – eisige Hände, rote Nase – gute-Laune-Gesicht – …..
das Gefühl, dass die Zeit einfach stehen blieb – …….
und gleichzeitig am Sinken der Sonne wahrnehmen, dass dies nicht der Fall ist.
DAS war echt gewonnene Zeit!!!

Von solchen Momenten wünsche ich Euch und mir möglichst viele im Neuen Jahr!

Mit ostfriesisch zeitlosen Grüßen
Lydia Gajewsky

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